VersicherungenWohngebäudeversicherungVersicherungssumme: Wohnfläche & Wert 1914 wählen

Versicherungssumme: Wohnfläche & Wert 1914 wählen

So ermittelst du die passende Summe für dein Wohngebäude – ohne Unterversicherung und mit realistischen Wiederaufbaukosten.

Ein zu knapp bemessenes Wohngebäude kann im Ernstfall teuer werden: Reicht die Versicherungssumme nicht für Abriss, Planung und Neubau, bleibt die Lücke an dir hängen. Eine zu hohe Summe wiederum kostet jedes Jahr unnötig Beitrag. In diesem Leitfaden erfährst du, wie du über Wohnfläche, Wert 1914 oder eine individuelle Neubausumme die richtige Versicherungssumme festlegst – inklusive Praxisbeispielen, typischen Zuschlägen und Stolperfallen.

Warum die richtige Versicherungssumme entscheidend ist

Die Wohngebäudeversicherung schützt den Wert deines Hauses. Maßstab ist nicht der damalige Kaufpreis, sondern was ein Wiederaufbau in gleicher Art und Güte heute kosten würde. Dazu kommen Nebenkosten wie Architekt, Statik, Genehmigungen, Abriss, Entsorgung oder die Absicherung gegen Preissteigerungen. Liegt die Versicherungssumme zu niedrig, kürzt der Versicherer im Schadenfall anteilig (Unterversicherung). Liegt sie passend und mit Unterversicherungsverzicht, werden Wiederherstellungskosten bis zur vereinbarten Summe bzw. gemäß gleitendem Neuwert erstattet.

Die Summe sollte deshalb methodisch bestimmt werden – je nach Tarif über das Wohnflächenmodell, den historisch genormten Wert 1914 mit gleitendem Neuwertfaktor oder über eine moderne Neubauwert-Ermittlung. Welche Methode für dich am sinnvollsten ist, hängt von Baujahr, Ausstattungsstandard, Sanierungen und Tarifbedingungen ab.

Methoden zur Ermittlung im Überblick

Viele Versicherer lassen dir die Wahl. Wichtig ist, die verwendete Methode im Antrag sauber zu dokumentieren und die Eingaben realistisch zu machen. Das senkt das Streitpotenzial im Schadenfall.

Wohnflächenmodell (m²‑Modell)

Beim Wohnflächenmodell wird aus der beheizten Wohnfläche und einem Ausstattungs-/Baukostenfaktor eine pauschale Versicherungssumme abgeleitet. Moderne Tarife hinterlegen dafür regionale Baukosten und Standards. Richtig angewandt ist das Verfahren schnell und für typische Ein- und Zweifamilienhäuser sehr praxistauglich.

Vorteile:

  • Schnell, verständlich, oft mit Unterversicherungsverzicht gekoppelt
  • Sanierungen und Ausstattungsniveau über Faktoren einfach abbildbar

Grenzen:

  • Ungeeignet bei Sonderbauten, Luxusausstattung oder stark abweichenden Grundrissen
  • Nebengebäude, Einliegerwohnung, aufwendige Außenanlagen müssen extra bewertet werden

Wichtig: Wohnfläche korrekt ermitteln. Maßgeblich sind die tatsächlich zu Wohnzwecken genutzten, beheizbaren Flächen nach anwendbarer Regel (oft WoFlV). Kellerräume, ungeheizte Abstellräume oder eine einfache Garage zählen in der Regel nicht. Dachschrägen werden anteilig berücksichtigt.

Wert‑1914‑Modell (gleitender Neuwert)

Das Wert‑1914‑Verfahren normt Gebäude auf einen historischen Preisstand (Baujahr 1914 = 100 %). Über den jährlich veröffentlichten Baupreisindex/Neuwertfaktor wird daraus die heutige Versicherungssumme berechnet. Die Methode ist verbreitet, transparent und gleicht Baupreissteigerungen automatisch aus.

So gehst du vor:

  • Bauart & Standard erfassen: Massiv- oder Holzbau, Dach, Geschosse, Ausstattungsniveau
  • Basiswert 1914 bestimmen (oft per Fragebogen oder Rechner des Versicherers)
  • Gleitenden Neuwert berechnen: Wert 1914 × Neuwertfaktor = heutige Summe

Praxishinweis: Änderungen wie Anbau, Dachgeschossausbau, neue PV‑Anlage oder eine Wärmepumpe erhöhen den Wiederherstellungswert. Passe den Wert 1914 bzw. die Parameter an, wenn du investierst.

Individuelle Neubauwert‑Ermittlung

Gerade bei Neubauten, hochwertigen Sanierungen oder Sonderobjekten (Architektenhäuser, Denkmäler, große Mehrfamilienhäuser) ist die individuelle Ermittlung sinnvoll. Grundlage sind aktuelle regionalisierte €/m²‑Kennwerte für Rohbau, Ausbau und Technik plus Baunebenkosten und Abriss/Entsorgung im Schadenfall. Wer hier sauber kalkuliert, erhält eine sehr realistische Summe – häufig ebenfalls mit Unterversicherungsverzicht, wenn die Ermittlungslogik dokumentiert ist.

Was zählt zur Wohnfläche – und was nicht?

Maßgeblich ist, was tariflich als Wohnfläche definiert ist (häufig die Wohnflächenverordnung WoFlV). Voll angerechnet werden zumeist Wohn‑/Schlafräume, Küche, Bad, Flure und beheizte Hobbyräume. Unter Dachschrägen zählen Flächen zwischen 1 und 2 m Raumhöhe meist nur anteilig. Balkone/Loggien werden oft mit 25–50 % berücksichtigt, wenn der Tarif sie einschließt. Nicht zur Wohnfläche zählen in der Regel ungeheizte Keller, Bodenräume, Garagen, einfache Abstellräume außerhalb der beheizten Hülle.

Tipp: Bei offenen Grundrissen, Wintergärten oder Hobbyräumen in der thermischen Hülle prüfe genau, ob dauerhaft beheizt und als Wohnraum ausgebaut. Das schützt vor Fehlangaben.

Bauliche Besonderheiten richtig einpreisen

Nicht nur die Fläche, auch die Qualität entscheidet über Kosten: Ziegel vs. Holzrahmen, hochwertige Dämmung, Natursteinböden, Designbäder, Smart‑Home‑Technik, breite Treppen, bodentiefe Fenster, Spezialfundament, Hanglage. Auch Außenanlagen (Stützmauern, Einfahrt, Zaun) und Nebengebäude (Garage, Carport, Gartenhaus) gehören – je nach Tarif – teilweise in die Summe oder werden separat versichert. Prüfe, ob Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpe, Zisterne oder Wallbox mitversichert sind.

Unterversicherungsverzicht & gleitender Neuwert

Viele Tarife bieten einen Unterversicherungsverzicht, wenn du die Summe mit dem vom Versicherer vorgegebenen Verfahren ermittelst (z. B. Wohnflächenmodell mit Fragebogen). Dann verzichtet der Versicherer im Totalschaden auf die anteilige Kürzung, selbst wenn die Summe eigentlich zu niedrig wäre – solange die Angaben korrekt waren. Der gleitende Neuwert passt deine Summe automatisch an die Baupreisentwicklung an, sodass sie im Zeitverlauf werthaltig bleibt.

Achte darauf, ob der Verzicht ohne Summenlimit gilt oder z. B. nur bis 500.000 € bzw. bis zu einer bestimmten Quadratmeterzahl. Bei hochpreisigen Objekten kann ein individuelles Wertgutachten sinnvoll sein.

Praxisbeispiel: Einfamilienhaus 140 m²

Ein typisches Einfamilienhaus (Baujahr 1998, massiv, modernes Bad, neuer Boden, Standard‑Küche, beheizte Wohnfläche 140 m², Garage separat) soll korrekt versichert werden. Es gibt drei plausible Wege.

1) Wohnflächenmodell

Die Summe ergibt sich aus Wohnfläche × regionalem Kostenfaktor × Ausstattungsfaktor. Der Tarif sieht Unterversicherungsverzicht vor, wenn alle Räume, Dachschrägen und Sonderflächen korrekt angegeben werden. Nebengebäude (Garage 25 m²) werden separat pauschal abgesichert.

2) Wert 1914

Anhand eines Wertermittlungsbogens (Bauartklasse, Dachform, Geschosszahl, Innenausbau) wird ein Wert 1914 von z. B. 18.000 ermittelt. Multipliziert mit dem aktuellen Neuwertfaktor ergibt sich die Versicherungssumme, die sich jährlich mit dem Baupreisindex mitbewegt.

3) Individuelle Neubausumme

Ein Kostenansatz je m² für Rohbau, Ausbau, Haustechnik, plus 15–20 % Baunebenkosten, zuzüglich Abriss/Entsorgung für den Worst Case. Bei guter Dokumentation akzeptieren viele Versicherer diese Herleitung – häufig ebenfalls mit Unterversicherungsverzicht.

Tabelle: Methodenvergleich (Beispielwerte)

Methode Eingaben Ergebnis/Logik Unterversicherungsverzicht Hinweise
Wohnflächenmodell 140 m², Standard, Region X Tarif‑Kostenfaktor × m² Ja (bei korrekten Angaben) Schnell, pauschal; Nebengebäude separat
Wert 1914 Wertermittlungsbogen → 18.000 Summe = 18.000 × Neuwertfaktor Häufig ja Index gleicht Baupreise aus
Individuell €/m² je Gewerk + NK + Abriss Summe aus Einzelpositionen Tarifabhängig Genau bei Sonderausstattung

Die Tabelle zeigt: Es gibt nicht „die eine“ richtige Methode. Entscheidend ist, dass Eingaben realistisch sind, Sonderausstattung berücksichtigt wird und der Tarif Unterversicherungsverzicht kennt.

Typische Zuschläge, die gerne vergessen werden

Damit die Summe im Ernstfall reicht, denke an die folgenden Kostenkomponenten. Viele davon sind im Tarif bereits einkalkuliert – prüfe die Bedingungen.

  • Baunebenkosten: Architekt, Statik, Bodengutachten, Genehmigungen, Vermessung, Energieberater
  • Abriss & Entsorgung: nach Brand, Unwetterschaden oder Leitungswasserschaden inkl. Asbestfalls
  • Technik & Außenanlagen: Wärmepumpe, Solar/PV, Wallbox, Stützmauern, Einfahrt, Zaun, Zisterne

Je nach Objekt können zusätzlich provisorische Unterbringungen, Umzug, Bewachung oder Trocknung anfallen. Gute Tarife haben hierfür Leistungsbausteine oder Pauschalen.

Sondereinflüsse: Modernisierungen & Energie‑Technik

Modernisierung erhöht den Wiederherstellungswert. Neue Bäder, hochwertiger Boden, bodentiefe Fenster, gedämmte Fassade, Dachsanierung oder ein Wintergarten sollten in der Ermittlung auftauchen. Energie‑Technik wie PV‑Anlage, Solarthermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe oder eine kontrollierte Wohnraumlüftung sind wertrelevant und teilweise als mitversicherte Sachen geregelt. Kläre, ob sie in der Gebäudesumme enthalten oder als Zusatzelement separat beziffert werden.

Bei Denkmalschutz oder besonderen Baustoffen (Naturstein, Lehmputz) steigen die Wiederherstellungskosten deutlich. Hier lohnt eine individuelle Kalkulation oder ein Kurzgutachten.

Regionale Baupreise & Tarifzonen

Baukosten variieren je nach Region teils deutlich. Moderne Rechner hinterlegen Tarifzonen oder Postleitzahl‑Faktoren. Ziehst du um oder ändert sich die Nutzungsart (z. B. Einliegerwohnung als vermietete Einheit), kann sich die Summe anpassen. Ebenso relevant: Bauartklassen (z. B. harte Bedachung, nicht brennbare Außenwände) beeinflussen sowohl Beitrag als auch Risiken.

Was gilt für Nebengebäude, Garage & Außenanlagen?

Viele Tarife versichern Nebengebäude pauschal bis zu einer Grenze (z. B. 50 m²) oder verlangen eine separate Angabe mit eigener Summe. Gleiches gilt für Carports, Gartenhäuser, Gewächshäuser, freistehende Garagen und massive Außenanlagen (Mauern, Einfahrt, Tore). Wird die Garage ans Haus angebaut und beheizt, erhöht sie die Wohn‑ oder Nutzfläche und damit die Summe. Prüfe genau, was dein Tarif unter Gebäude, Grundstücksbestandteilen und Zubehör versteht.

Vermietete Einheiten & Homeoffice

Bei vermieteten Einheiten oder einer Einliegerwohnung können sich nicht nur die Flächen ändern, sondern auch Anforderungen an Haftpflicht/Glas. Homeoffice‑Ausbau (z. B. Serverraum, Trennwände, Akustikdecken) ist baulicher Wert, der in der Gebäudesumme stecken sollte – unabhängig davon, ob berufliche Inhalte über eine Inhaltsversicherung gesichert sind.

Schritt-für-Schritt zur passenden Summe

Schritt 1: Wohnfläche aktuell und korrekt ermitteln (Pläne, Aufmaß, Dachschrägenanteile prüfen).

Schritt 2: Bauart, Ausstattungsniveau und Modernisierungen der letzten Jahre zusammenstellen (Bäder, Fenster, Fassade, Dach, Heizung, Technik).

Schritt 3: Methode wählen: Wohnflächenmodell (mit Fragebogen), Wert 1914 (mit Wertermittlungsbogen) oder individuelle Kalkulation.

Schritt 4: Nebengebäude, Außenanlagen, PV, Wärmepumpe, Wallbox und besondere Bauteile ergänzen.

Schritt 5: Tarif mit Unterversicherungsverzicht und gleitendem Neuwert bevorzugen.

Schritt 6: Ergebnisse dokumentieren (Notizen, Fotos, Rechnungen). Änderungen am Gebäude zeitnah nachmelden.

Häufige Fehler – und wie du sie vermeidest

Ein klassischer Fehler ist die Verwechslung von Grundstücks‑ und Gebäudewert. Versichert wird das Gebäude mit all seinen baulichen Bestandteilen – nicht der Bodenwert. Ebenfalls häufig: alte Wohnflächenangaben übernehmen, obwohl ausgebaut wurde, oder Balkone/Wintergarten falsch zählen. Auch Sonderausstattung (Naturstein, Designerbad, Smart‑Home) wird oft vergessen. Und schließlich: Tarife ohne Unterversicherungsverzicht wirken günstiger, können aber im Ernstfall teuer werden.

FAQ kurz & knapp

Gehört die Küche in die Versicherungssumme? Feste Einbauküchen gelten als Gebäudebestandteil und sind in der Regel mitversichert. Lose Geräte zählen zum Hausrat.

Wie oft sollte ich die Summe prüfen? Spätestens nach größeren Modernisierungen oder Anbauten. Der gleitende Neuwert fängt allgemeine Preissteigerungen ab, nicht aber individuelle Wertsprünge durch Umbau.

Was ist, wenn mein Haus teurer wiederherzustellen ist als ein Neubau? Maßgeblich ist „Wiederherstellung gleicher Art und Güte“. Bei Baudenkmalen oder Sondermaterialien kann das teurer sein als Standard‑Neubau – entsprechend höher muss die Summe liegen.

Muss ich den Wert 1914 selbst ausrechnen? Nein. Versicherer stellen Fragebögen oder Rechner bereit. Wichtig sind korrekte Angaben zu Bauart, Fläche und Ausstattung.

Fazit: Realistisch rechnen, sauber dokumentieren

Die richtige Versicherungssumme ist kein Hexenwerk – aber Sorgfalt zahlt sich aus. Wer Fläche, Ausstattung und Besonderheiten ehrlich erfasst, die passende Methode wählt und einen Tarif mit Unterversicherungsverzicht plus gleitendem Neuwert nutzt, schützt sich vor teuren Überraschungen. Halte deine Unterlagen aktuell und passe die Summe nach Umbauten an. So bleibt deine Wohngebäudeversicherung schlank im Beitrag und stark im Schadenfall.

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