Wer 2026 ein Balkonkraftwerk plant, steht oft vor der gleichen Frage: Lohnt sich nur ein Südbalkon wirklich – oder können auch Ost- oder Westbalkone gute Ergebnisse liefern? In diesem Ratgeber schauen wir uns genau an, wie sich die Ausrichtung auf Ertrag, Eigenverbrauch und Amortisation auswirkt und wie du selbst mit weniger idealer Lage clever Geld sparen kannst.
Der Unterschied zwischen Südbalkon und Ost/West in der Praxis
Ein Südbalkon gilt als „Goldstandard“ für Balkonkraftwerke: Die Sonne steht mittags hoch, die Module bekommen über viele Stunden relativ direkte Einstrahlung. Das sorgt für hohe Tages- und Jahreserträge – vor allem in den hellen Monaten.
Ost- und Westbalkone werden oft unterschätzt. Zwar erreichen sie im Tagesmaximum meist etwas weniger Leistung als ein optimal ausgerichteter Südbalkon, dafür verteilen sie den Ertrag besser über den Tag. Morgens liefert der Ostbalkon Strom, ab Nachmittag übernimmt die Westseite. Genau das kann im Alltag ein Vorteil sein, wenn du tagsüber viel Strom verbrauchst.
Entscheidend ist daher weniger die perfekte Theorie, sondern dein tatsächlicher Verbrauch: Wann läuft bei dir die Waschmaschine, wann der Geschirrspüler, wann sind Computer, Fernseher und andere Geräte an? Je besser die Ertragskurve deines Balkonkraftwerks zu deinem Alltag passt, desto mehr teuren Netzstrom ersetzt du.
Grundlagen: Was bestimmt den Ertrag eines Balkonkraftwerks?
Bevor wir Südbalkon und Ost/West direkt vergleichen, lohnt ein kurzer Blick auf die wichtigsten Einflussfaktoren für den Ertrag. Denn selbst der beste Südbalkon bringt wenig, wenn andere Rahmenbedingungen ungünstig sind.
Eine Rolle spielen vor allem:
- Ausrichtung und Neigungswinkel der Module im Verhältnis zur Sonnenbahn.
- Verschattung durch Dachvorsprünge, Nachbarhäuser, Bäume oder andere Balkone.
- Modul- und Wechselrichterleistung, Qualität der Komponenten und Montage.
Ein Südbalkon mit starker Verschattung kann in der Praxis schlechter abschneiden als ein frei stehender Ost- oder Westbalkon mit freier Sicht auf den Himmel. Deshalb ist der erste Schritt immer eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wie lange scheint die Sonne wirklich auf dein Geländer? Wie bewegen sich Schatten im Tagesverlauf?
Wenn du das verstanden hast, kannst du realistische Erwartungen an deinen Jahresertrag entwickeln – und damit auch an die Amortisationszeit.
Südbalkon: Maximale Mittagssonne für hohen Gesamt-Ertrag
Beim Südbalkon steht die Sonne zur Mittagszeit ideal. In Kombination mit einem passenden Neigungswinkel holen die Module in dieser Phase besonders viel Leistung heraus. Gerade im Sommer kann ein Südbalkon-Balkonkraftwerk an sonnigen Tagen über viele Stunden an oder nahe der Einspeisegrenze arbeiten.
Typisch für einen Südbalkon ist eine Ertragskurve, die gegen Mittag ihren Höhepunkt erreicht. In den Randzeiten – früh morgens und spät abends – fällt der Ertrag hingegen deutlich ab. Wenn dein Haushalt vor allem mittags wenig Strom verbraucht, kann ein Teil des Ertrags ungenutzt ins Netz fließen.
Das heißt nicht, dass der Südbalkon schlechter wäre – im Gegenteil. Für die gesamte Jahresbilanz liefert er in vielen Fällen den höchsten Ertrag. Es bedeutet nur, dass du für eine optimale Ersparnis darauf achten solltest, typische Stromfresser stärker in diese Sonnenphase zu legen: Spülmaschine mit Startzeitvorwahl, Waschmaschine mittags starten, Akkus tagsüber laden.
Ost- und Westbalkon: Mehr Ertrag zu den verbrauchsstarken Tageszeiten
Ein Ostbalkon produziert vor allem am Vormittag Strom, ein Westbalkon vor allem am Nachmittag und frühen Abend. Der maximale Ertrag pro Tag liegt meist unter dem eines optimalen Südbalkons, dafür profitierst du zu Zeitfenstern, in denen viele Haushalte ihren höchsten Verbrauch haben.
Morgens werden Kaffeemaschine, Toaster, Föhn und Co. genutzt, abends kochst du, der Fernseher läuft, Licht ist eingeschaltet. Genau hier spielen Ost/West-Balkone ihre Stärke aus: Sie liefern den Strom eher dann, wenn du ihn wirklich brauchst.
In vielen praktischen Szenarien kann der Eigenverbrauchsanteil bei Ost- oder Westausrichtung deshalb höher sein als beim reinen Südbalkon – obwohl der theoretische Jahresertrag etwas geringer ist. Und für dein Portemonnaie zählt am Ende nicht die maximale Kilowattstunden-Zahl, sondern wie viel teuren Netzstrom du damit tatsächlich ersetzt.
Ertrag im Jahresvergleich: Südbalkon vs. Ost/West
In der Praxis ergeben sich, abhängig von Standort, Modulfläche und Verschattung, typischerweise folgende Tendenzen:
Ein Südbalkon mit günstiger Montagehöhe und freier Sicht kann das Leistungsmaximum eines gängigen Balkonkraftwerks über das Jahr fast vollständig ausschöpfen. Bei Ost- oder Westausrichtung liegen die Jahreserträge meist etwas darunter, erreichen aber häufig einen großen Prozentsatz des Südniveaus.
Entscheidend ist, wie gleichmäßig die Sonne bei dir ankommt. Ein Ostbalkon im dritten Stock ohne Verschattung kann besser dastehen als ein Südbalkon im ersten Stock, der teilweise von Bäumen beschattet wird. Deshalb solltest du dich nicht allein von pauschalen Prozentwerten leiten lassen, sondern deine individuelle Situation betrachten.
Gerade bei Ost/West-Kombinationen – etwa wenn dein Balkon Eckflächen hat oder du zwei kleinere Anlagen auf Ost- und Westseite nutzen kannst – verteilt sich der Ertrag sehr angenehm über den Tag. Das sorgt für einen hohen Eigenverbrauch und damit für stabile Ersparnisse.
Wichtige Praxisfrage: Wie stark ist dein Haushalt tagsüber bewohnt?
Für die Bewertung der Ausrichtung ist nicht nur die Sonne wichtig, sondern auch dein Alltag. Lebst du allein und bist tagsüber oft unterwegs, sieht dein Verbrauchsprofil anders aus als bei einer Familie mit Homeoffice und Kindern.
Für viele Haushalte gilt:
- Wer tagsüber viel unterwegs ist, profitiert häufig besonders von einem Westbalkon, weil der Ertrag in den Feierabend hineinreicht.
- Wer früh aufsteht, morgens viel Strom braucht und abends weniger, kann mit einem Ostbalkon einen Großteil des Frühstücks- und Morgenstroms abdecken.
- Wer tagsüber zu Hause ist, hat bei einem Südbalkon die Chance, die hohe Mittagsleistung optimal zu nutzen, indem er Geräte gezielt startet.
Die ideale Lösung ist diejenige, bei der Sonnenkurve und Verbrauchskurve möglichst gut zueinander passen. So maximierst du deinen Eigenverbrauch – und verkürzt die Amortisation.
Einfluss des Neigungswinkels: Das Geländer ist nicht alles
Viele Balkonkraftwerke werden einfach senkrecht am Geländer montiert, weil es schnell geht und optisch sauber aussieht. Für den Ertrag ist aber der Neigungswinkel entscheidend: Ein leicht geneigtes Modul fängt mehr Sonnenenergie ein als ein komplett senkrechtes.
Beim Südbalkon kann eine leicht schräge Montage, etwa über Halterungen, spürbar mehr Ertrag bringen, insbesondere um die Mittagszeit. Auf Ost- oder Westbalkonen kann ein etwas flacherer Winkel helfen, morgens oder abends länger von der Sonne zu profitieren.
Wenn es baurechtlich und statisch möglich ist, lohnt es sich, mit geeigneten Halterungen zu arbeiten, statt die Module nur flach oder ganz senkrecht zu montieren. Selbst wenn du damit nicht jede ideale Gradzahl erreichst, verbessert sich die Gesamtbilanz – und damit deine jährliche Ersparnis.
Schatten: Der geheime Ertragskiller bei jeder Ausrichtung
Egal ob Südbalkon oder Ost/West: Verschattung ist einer der größten Feinde eines Balkonkraftwerks. Schon ein Schornstein, ein Baum, ein Nachbarbalkon oder ein Geländerquerstreben können dafür sorgen, dass Teile eines Moduls zeitweise im Schatten liegen.
Viele Module arbeiten in Reihensträngen. Wird ein Teilbereich verschattet, kann das die Leistung des gesamten Moduls – oder sogar mehrerer Module – nach unten ziehen. Deshalb solltest du die Schattenverläufe an einem typischen Sonnentag bewusst beobachten: Wann liegen welche Flächen im Schatten, wann ist der Blick frei?
Bei Ost- oder Westbalkonen ist es besonders wichtig, dass zu den Hauptzeiten der Sonne (morgens bzw. nachmittags) möglichst wenig Schatten auf den Modulen liegt. Beim Südbalkon gilt das für die Mittagszeit. Schon kleine Optimierungen der Modulposition können hier spürbar mehr Ertrag bringen.
Rechenbeispiele: So wirkt sich die Ausrichtung auf Amortisation aus
Um ein Gefühl für die Unterschiede zu bekommen, helfen einfache Beispielrechnungen. Im Alltag variieren die Zahlen je nach Standort, Strompreis und Anlagenkonfiguration – aber sie zeigen gut, wie stark Südbalkon und Ost/West auseinanderliegen können.
Angenommen, du investierst in ein Balkonkraftwerk mit typischer Leistung und soliden Modulen. Je nach Ausrichtung ergeben sich häufig folgende Größenordnungen:
- Südbalkon mit guter Sonneneinstrahlung erreicht einen hohen Jahresertrag und ersetzt damit einen spürbaren Teil deines Haushaltsstroms.
- Ost- oder Westbalkon erzielt etwas geringere Gesamterträge, liefert aber einen hohen Anteil genau zu den Zeiten, in denen du Strom brauchst.
Bei einem angenommenen Strompreis um 30 Cent pro Kilowattstunde bedeuten 600 Kilowattstunden Eigenverbrauch im Jahr bereits rund 180 Euro Ersparnis. Schaffst du 800 Kilowattstunden, liegst du bei etwa 240 Euro pro Jahr. Damit kann sich eine Anlage im Bereich zwischen 5 und 8 Jahren amortisieren – je nach Kaufpreis und Ausrichtung.
Die Unterschiede zwischen Südbalkon und Ost/West liegen in der Praxis oft in einem überschaubaren Bereich. Viel wichtiger ist, dass die Anlage sauber montiert ist, wenig Schatten abbekommt und dein Eigenverbrauch hoch ist. Ein gut geplantes Ost- oder Westbalkonkraftwerk kann sich finanziell ähnlich attraktiv entwickeln wie eine Südausrichtung.
Amortisation beschleunigen: So holst du das Maximum aus jeder Ausrichtung heraus
Mit ein paar gezielten Gewohnheiten kannst du die Amortisation deutlich verkürzen – unabhängig davon, in welche Himmelsrichtung dein Balkon zeigt. Wichtige Hebel sind unter anderem:
- Große Verbraucher wie Waschmaschine, Spülmaschine oder Trockner möglichst in die Sonnenzeiten legen.
- Standby-Verbrauch konsequent reduzieren, damit der Solarstrom nicht in unnötige Dauerverbraucher fließt.
- Steckdosenleiste oder smarte Zwischenstecker nutzen, um gezielt Geräte mit Solarstrom laufen zu lassen.
Je mehr deines Solarstroms du direkt im Haushalt nutzt, desto weniger teuren Netzstrom musst du zukaufen. Das gilt für den Südbalkon genauso wie für Ost- und Westlagen – nur die Uhrzeiten sind verschieden.
Süd, Ost oder West: Was passt zu deinem Alltag am besten?
Wenn du die Wahl zwischen mehreren Ausrichtungen hast – etwa weil du eine Wohnung mit Eckbalkon hast oder Dachflächen mitnutzen darfst – hilft eine kleine Selbstanalyse. Überlege dir, wie dein typischer Tag aussieht und wann deine großen Stromfresser laufen.
Wer berufstätig ist und erst am Nachmittag nach Hause kommt, profitiert stark von einer Westausrichtung. Dein Balkonkraftwerk liefert dann genau in die Zeit hinein, in der gekocht, gewaschen und gelebt wird. Sind eher frühe Morgenstunden deine Hauptverbrauchszeit, bist du mit Ostmodulen im Vorteil.
Ein Südbalkon ist ideal, wenn du mittags regelmäßig zu Hause bist oder deine Geräte gut per Timer steuern kannst. Dann verwandelst du die starke Mittagssonne direkt in gesparte Stromkosten.
Auch Mischlösungen können interessant sein: Hast du etwa einen kleinen Südbalkon und zusätzlich ein Geländer in Westlage, kann eine modulare Aufteilung den Ertrag über den Tag strecken. Wichtig ist, dass jede Teilanlage elektrisch sauber geplant und zulässig angeschlossen wird.
Rechtliche Rahmenbedingungen und bauliche Grenzen im Blick behalten
So attraktiv Balkonkraftwerke sind – nicht jede Ecke eines Hauses darf ohne Weiteres mit Modulen bestückt werden. Mietwohnung, Eigentümergemeinschaft und baurechtliche Vorgaben spielen eine Rolle.
Sprich bei Mietwohnungen frühzeitig mit deinem Vermieter und kläre, welche Montagearten erlaubt sind. Bei Eigentumswohnungen ist oft die Zustimmung der Gemeinschaft nötig, wenn sich die Optik der Fassade sichtbar verändert. Auch Geländerstatik, Windlast und Absturzsicherheit sind Themen, die du nicht unterschätzen solltest.
Für die Frage Südbalkon vs. Ost/West bedeutet das: Manchmal gibt die Praxis die Antwort. Wenn nur der Westbalkon frei genehmigt werden kann, ist er deutlich besser als gar kein Balkonkraftwerk. Erst recht, wenn du seine Ertragszeiten gut mit deinem Alltag kombinierst.
Sicherheit und Wartung: Ertrag sichern, statt nur optimieren
Ein hochwertiges Balkonkraftwerk soll viele Jahre zuverlässig laufen. Neben der Ausrichtung ist deshalb wichtig, dass die Installation sicher und langlebig ist. Eine solide Befestigung, zugelassene Steckverbindungen und ein fachgerecht dimensionierter Wechselrichter sind Pflicht.
Dabei spielt die Ausrichtung auch für die Belastung eine Rolle: Südbalkone bekommen oft mehr direkte Sonneneinstrahlung und können sich stärker aufheizen, während Westbalkone in den Abendstunden häufiger Wind und Regen abbekommen. Regelmäßige Sichtkontrollen der Halterungen und Kabel sorgen dafür, dass der Ertrag über die Nutzungsdauer stabil bleibt.
Leichte Verschmutzungen – etwa Pollen, Staub oder Vogelkot – solltest du bei allen Ausrichtungen im Blick behalten. Gerade auf horizontal oder stark geneigten Flächen können Ablagerungen den Ertrag mindern. Eine gelegentliche vorsichtige Reinigung reicht meist aus, um die Moduloberfläche wieder freizumachen.
Fazit: Auch ohne Südbalkon lohnt sich ein Balkonkraftwerk oft deutlich
Die verbreitete Meinung, nur ein Südbalkon sei wirklich sinnvoll, greift zu kurz. Ja, ein gut freier Südbalkon holt in vielen Fällen den höchsten theoretischen Jahresertrag aus deiner Mini-PV-Anlage heraus. Doch Ost- und Westbalkone können im Alltag erstaunlich gut mithalten – vor allem dann, wenn dein Stromverbrauch morgens oder abends besonders hoch ist.
Für deine Ersparnis zählen am Ende drei Dinge: Wie hoch ist der Gesamt-Ertrag deiner Anlage, wie viel davon nutzt du direkt selbst, und wie gut passt die Ausrichtung zu deinem Alltag? Wenn du diese Fragen für deinen Balkon ehrlich beantwortest, bekommst du eine realistische Einschätzung der Amortisationszeit.
Ob Süden, Osten oder Westen: Ein durchdacht geplantes und sauber montiertes Balkonkraftwerk hilft dir, deine Stromkosten langfristig zu senken, unabhängiger von steigenden Preisen zu werden und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.








