Ein kalter Flur, überhitzte Treppenhäuser und Heizkörper, die glühen, obwohl niemand zuhause ist: Gerade in älteren Mehrfamilienhäusern treiben falsche Einstellungen die Heizkosten hoch. Für Mieterinnen und Mieter in Bayern ist wichtig zu wissen: Vermieter haben nicht nur eine Heizpflicht, sondern auch die Pflicht, die Anlage wirtschaftlich zu betreiben. Hier liest du kompakt, was rechtlich gilt, was umgelegt werden darf – und wie du Optimierungen sachlich einforderst, ohne Streit zu eskalieren.
Rechtslage: Heizen ist Vermieterpflicht
Der Vermieter muss die Wohnung in einen zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand versetzen und erhalten. Dazu zählt eine funktionsfähige, ausreichend dimensionierte und betriebene Heizung. Wird es in der Heizperiode tagsüber nicht warm genug, ist das kein „Schicksal“, sondern ein Mangel, den der Vermieter beheben muss.
Mindesttemperaturen & Zeiten
In der Praxis gelten tagsüber (je nach Raum) ca. 20–22 °C als angemessen, nachts etwa 18 °C. Kurzfristige Ausfälle können passieren; eine dauerhaft unterkühlte Wohnung jedoch nicht. Umgekehrt ist ein überheiztes Haus ein Hinweis auf falsche Heizkurve oder fehlende Nachtabsenkung – beides verursacht unnötige Kosten, die am Ende die Nebenkosten belasten.
Wirtschaftlichkeitsgebot: „Energie ist teuer“ reicht nicht
Neben der Heizpflicht gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot: Betriebskosten müssen in Art und Höhe angemessen sein. Wer veraltete Pumpen ohne Regelung weiterlaufen lässt, die Heizkurve zu hoch einstellt oder gar permanent Warmwasser zirkulieren lässt, obwohl es kaum Bedarf gibt, handelt nicht wirtschaftlich. Mieter dürfen dann Optimierungen verlangen – mit guten Chancen auf spürbare Einsparungen.
Typische Optimierungshebel in Altbauten:
- Heizkurve richtig einstellen (Vorlauftemperatur und Neigung an Gebäudehülle und Witterung anpassen)
- Nachtabsenkung/Nachtabschaltung sinnvoll nutzen (Komfort wahren, aber Laufzeiten reduzieren)
- Hydraulischer Abgleich und voreinstellbare Thermostatventile (gleichmäßige Wärmeverteilung, weniger Pumpenleistung)
- Hocheffizienzpumpe und witterungsgeführte Regelung (spart Strom und Brennstoff, leiser Betrieb)
Zwischenstand aus der Praxis: Schon die korrekte Heizkurve senkt oft 5–15 % Brennstoffbedarf, ohne dass jemand friert. In Mehrfamilienhäusern mit Altbau-Substanz steckt hier besonders viel Potenzial.
Heizkostenabrechnung: Was umgelegt werden darf
In zentral beheizten Häusern müssen Heiz- und Warmwasserkosten überwiegend verbrauchsabhängig verteilt werden. Der reine Energieverbrauch, Grundkosten (z. B. Grundpreis Fernwärme) sowie Wartung und Messdienst fallen grundsätzlich unter die umlagefähigen Betriebskosten – nicht jedoch Reparaturen und Erneuerungen, die zur Instandhaltung gehören.
Umlagefähig – typische Positionen
Umlagefähig sind u. a. Brennstoff/Fernwärme, Betriebsstrom der Heizung, Wartung des Wärmeerzeugers, Schornsteinfeger, Ablese- und Abrechnungskosten der Heizverteiler sowie Miete der Erfassungsgeräte. Diese Posten erscheinen recht regelmäßig in der Abrechnung.
Nicht umlagefähig – darauf solltest du achten
Nicht umlagefähig sind z. B. Reparaturen, der Austausch defekter Bauteile (Pumpe, Ventile), Entkalkung eines verkalkten Boilers als Instandsetzung oder die Behebung von Regelungsfehlern. Auch „Optimierungskosten“ nach jahrelang falscher Einstellung sind keine Nebenkosten, sondern Vermietersache.
Zwischenergebnis: Eine hohe Nachzahlung ist nicht automatisch rechtmäßig. Prüfe, ob einzelne Positionen korrekt zugeordnet sind – und ob die Verbräuche plausibel erscheinen.
Technische Besonderheiten in alten Mehrfamilienhäusern
Altbauten in Bayern haben häufig starke Temperaturunterschiede zwischen Vorder- und Rückhaus, ungedämmte Steigstränge oder überdimensionierte Kessel. Genau hier greifen die oben genannten Hebel. Ein hydraulischer Abgleich sorgt dafür, dass die oberen Wohnungen nicht „leer ausgehen“, während unten die Heizkörper kochen. Eine gut eingestellte Heizkurve verhindert überhöhte Vorlauftemperaturen bei milder Witterung. Und eine Hocheffizienzpumpe reduziert den Stromverbrauch des Heizraums, der in alten Anlagen gern übersehen wird.
Dein Vorgehen: Sachlich einfordern, Belege prüfen
Gehe strukturiert vor – freundlich, aber bestimmt. So bleibt das Verhältnis fair und deine Chancen steigen, dass wirklich optimiert wird.
- Belegeinsicht anfordern: Bitte um Einsicht in Rechnungen (Brennstoff, Wartung, Messdienst), Zählerstände, Liefermengen und – wenn vorhanden – Protokolle der Heizungsfirma. Notiere Auffälligkeiten.
- Temperatur & Zeiten protokollieren: Miss stichprobenartig Raumtemperaturen, notiere Uhrzeit, Außentemperatur und Heizkörperstellung. Fotos vom Heizungsregler/Heizkurve helfen.
- Optimierungen vorschlagen: Weisen auf Heizkurve/Nachtabsenkung, hydraulischen Abgleich, Pumpentausch oder fehlerhafte Thermostatventile hin. Biete eine gemeinsame Begehung an.
- Frist setzen und Nachbesserung verlangen: Bitte um schriftliche Stellungnahme und um Umsetzung innerhalb einer angemessenen Frist – gerade vor der kalten Jahreszeit.
- Rechtsfolgen abwägen: Bleibt es zu kalt oder völlig unwirtschaftlich, kommen Mietminderung oder die Einschaltung einer Schlichtungsstelle/Anwältin in Betracht. Dokumentation ist der Schlüssel.
Häufige Einwände – und gute Antworten
„Das Haus ist alt, da kann man nichts machen.“ – Doch. Auch ohne Vollsanierung lassen sich über Regelung, Abgleich und Pumpenbetrieb spürbare Effekte erzielen. Altbau heißt nicht „Dauer-High-Flow“.
„Wenn wir absenken, friert ihr.“ – Eine gut gewählte Nachtabsenkung hält die Gebäudehülle warm genug. Entscheidend ist die richtige Heizkurve und ein sanftes Wiederanfahren am Morgen.
„Messdienst ist teuer – das müsst ihr zahlen.“ – Ja, die Ablese- und Abrechnungskosten sind umlagefähig. Aber: Überhöhte Grundkosten oder unnötige Zusatzleistungen solltest du hinterfragen. Angebote sind vergleichbar.
Bayern-Bezug: Lokal handeln, zentral sparen
Ob München, Nürnberg, Augsburg oder ländliche Landkreise: In vielen bayerischen Altbauten stecken identische Stellschrauben. Stadtwerke bieten häufig neutrale Energieberatungen, und auch Verbraucherzentralen unterstützen bei Abrechnungsfragen. Gerade Fernwärme-Häuser profitieren von korrekter Heizkurve und sauberer Übergabestation – das senkt die Grundlast, ohne Komfortverlust.
Check: Ist eure Heizung „übertrieben“ eingestellt?
Ein kurzer Reality-Check hilft, die Lage einzuordnen:
- Vorlauftemperatur: Liegt sie an milden Tagen dauerhaft sehr hoch, ist die Heizkurve zu steil.
- Pumpe: Läuft sie rund um die Uhr auf hoher Stufe, fehlt eine Regelung oder die Einstellung passt nicht.
- Thermostate: Wenn einzelne Räume trotz niedriger Einstellung überheizen, stimmt der hydraulische Abgleich nicht.
Wenn zwei oder mehr Punkte zutreffen, lohnt das Gespräch mit dem Vermieter sofort.
Fair bleiben – aber dranbleiben
Niemand erwartet, dass Vermieter über Nacht modernisieren. Aber grundlegende Einstellungen, Wartung und der Austausch einer alten Heizungspumpe sind zumutbar – und rechnen sich meist innerhalb einer Heizperiode. Wer als Mietgemeinschaft geschlossen und sachlich argumentiert, erreicht schneller Verbesserungen.
