Viele Haushalte in Nordrhein-Westfalen zahlen Schornsteinfeger-Rechnungen, ohne im Detail zu prüfen, welche Positionen verpflichtend sind und welche als freiwillige Zusatzleistung angeboten wurden. Das kann schnell dreistellige Mehrkosten pro Jahr bedeuten – vor allem, wenn mehrere Feuerstätten, ein Kaminofen oder ein alter Heizkessel im Spiel sind. Hier erfährst du, wie du deinen Feuerstättenbescheid richtig liest, wo gesetzliche Pflicht endet, wie du seriöse Angebote von Upselling trennst und mit ein paar klugen Schritten spürbar Geld sparst.
Kurz erklärt: Hoheitliche Aufgaben vs. freie Leistungen
Seit der Reform des Schornsteinfegerwesens sind die Aufgaben in zwei Bereiche getrennt. Hoheitliche Tätigkeiten (z. B. die Feuerstättenschau und der Feuerstättenbescheid) bleiben dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vorbehalten und folgen festgelegten Fristen. Freie, marktwirtschaftliche Tätigkeiten (z. B. Kehren, Messen und Reinigen gemäß Feuerstättenbescheid) dürfen von jedem zugelassenen Betrieb ausgeführt werden – du darfst also Angebote vergleichen. Wichtig: Was im Bescheid steht, ist maßgeblich. Alles darüber hinaus ist optional und braucht deine Zustimmung.
Pflicht (hoheitlich) vs. optional (frei, nur mit Auftrag):
- Pflicht: Feuerstättenschau in festem Turnus, Erlass/Anpassung des Feuerstättenbescheids, Überwachung der fristgerechten Durchführung.
- Frei/auftragsbasiert: zusätzlich empfohlene Kamerabefahrung, erweiterte Dichtheitsprüfung, extra Reinigungen außerhalb der im Bescheid genannten Intervalle, Verkauf/Installation von CO‑Meldern.
- Durch jeden Betrieb möglich: Kehren, Messen, Reinigen laut Bescheid – hier lohnt der Preisvergleich und das Bündeln von Terminen.
Dein wichtigstes Dokument: der Feuerstättenbescheid
Der Feuerstättenbescheid legt fest, welche Arbeiten wie oft an deinen Anlagen durchzuführen sind – zum Beispiel Abgasmessungen am Heizgerät, Kehren des Schornsteins oder Funktionskontrollen. Prüfe zunächst, ob der Bescheid alle Feuerstätten korrekt aufführt (z. B. Gastherme, Festbrennstoffofen, raumluftabhängige/raumluftunabhängige Geräte), ob die Baujahre und Gerätetypen stimmen und ob die Fristen realistisch sind. Bewahre den Bescheid griffbereit zur Rechnungsprüfung auf; jede Rechnung für Kehr- und Messarbeiten sollte eindeutig darauf Bezug nehmen.
Fristen & Häufigkeiten richtig lesen
Die Häufigkeit der Kehr- und Überprüfungsarbeiten ergibt sich aus Gerätekategorie, Brennstoff und Nutzung. Beispiel: Ein regelmäßig genutzter Kaminofen hat andere Intervalle als eine moderne Gas-Brennwerttherme. Wenn ein Betrieb zusätzliche Reinigungen empfiehlt, verlange eine fachliche Begründung (z. B. Versottungsgefahr, Zugprobleme, verändertes Nutzungsverhalten) – und lass dir schriftlich bestätigen, warum die Maßnahme über den Bescheid hinaus nötig sein soll.
Typische Zusatzangebote – was davon wirklich nötig ist
Zusatztätigkeiten können sinnvoll sein, wenn konkrete Auffälligkeiten vorliegen. Ohne Anlass sind sie aber nicht automatisch erforderlich. Prüfe diese Punkte kritisch und hole gegebenenfalls eine zweite Meinung ein.
- Kamerabefahrung/Inspektion: sinnvoll bei Verdacht auf Schäden, Querschnittsprobleme oder nach Umrüstung; nicht als Routine ohne Befund.
- Erweiterte Dichtheitsprüfung: wichtig bei Undichtigkeitsverdacht, Feuchteflecken oder Abgasgeruch; keine Standardleistung bei unauffälligen Anlagen.
- Zusatzreinigung/Mehrfachkehrungen: nur bei starkem Rußanfall, Brennstoffwechsel, feuchtem Holz oder Zugmängeln; sonst Intervalle laut Bescheid einhalten.
NRW-Spezifika: Gebühren & Ansprechpartner
In NRW richten sich die hoheitlichen Gebühren nach landesrechtlich vorgegebenen Maßstäben (Arbeitswerte und Euro‑Satz). Für freie Tätigkeiten gilt der Markt: Betriebe kalkulieren ihre Preise selbst. Dein erster Ansprechpartner für hoheitliche Fragen ist der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger deines Kehrbezirks. Für Beschwerden zu hoheitlichen Aufgaben gibt es die zuständige Aufsichtsbehörde (in der Regel die Bezirksregierung). Bei Preisfragen für freie Tätigkeiten hilft der Wettbewerb – hole mindestens zwei Vergleichsangebote ein und frage nach Paketpreisen, wenn mehrere Einheiten im Haus betroffen sind.
So verhandelst du fair – ohne Stress mit dem Bezirk
Viele Kosten entstehen durch unnötige Einzelfahrten, unklare Aufträge oder nicht gebündelte Arbeiten. Mit diesen Schritten bleibst du freundlich, regelkonform – und zahlst nur das Nötige.
- Terminbündelung organisieren: In Mehrfamilienhäusern oder Reihenhauszeilen gemeinsam Slots buchen; Fahrzeiten und Anfahrten verteilen sich und der Einheitspreis sinkt oft.
- Freie Leistungen ausschreiben: Für Kehr‑/Messarbeiten laut Bescheid Angebote einholen (gleicher Leistungsumfang!). Nach Komplettpreisen inkl. Anfahrt fragen.
- Rechnung klarstellen lassen: Positionen müssen auf den Bescheid verweisen; Zusatzleistungen nur mit vorheriger Zustimmung. Barzahlung ist nie Pflicht – bitte um nachvollziehbare, prüffähige Rechnung.
Mieter oder Eigentümer: Wer zahlt was?
Eigentümer tragen grundsätzlich die Verantwortung für die Durchführung. In Mietverhältnissen sind Kehr‑ und Messkosten laut Betriebskostenverordnung in der Regel umlagefähig, wenn sie im Mietvertrag vereinbart sind. Freiwillige Zusatzleistungen am Gebäude (z. B. Kamerabefahrungen ohne konkreten Anlass) sind nicht automatisch umlagefähig. Mieter haben das Recht auf Belegeinsicht; Eigentümer sollten transparente Leistungsnachweise einfordern und nur notwendige Positionen weiterreichen.
Rechnung prüfen: der 7‑Minuten‑Check
Lege Rechnung und Feuerstättenbescheid nebeneinander. Prüfe zuerst, ob Gerät, Adresse und Zeitraum stimmen. Vergleiche dann jede Position mit der im Bescheid genannten Tätigkeit und Häufigkeit. Achte auf Anfahrts- und Arbeitszeitangaben: Wurde der Termin gebündelt? Sind Messprotokolle beigefügt? Enthaltene „Sichtprüfungen“ ohne Befund sollten kurz begründet sein. Fehlt der Bezug zum Bescheid oder tauchen unerklärte Zusatzposten auf, bitte um Korrektur oder eine dokumentierte Begründung. Höflich, sachlich und schriftlich vorgehen – so bekommst du meist zügig eine bereinigte Rechnung.
Sparpotenzial in Zahlen – drei Beispiele
Einzelhaus mit Kaminofen und Gastherme: Ohne Bündelung erfolgen zwei Anfahrten und eine zusätzliche Kaminreinigung „zur Sicherheit“. Mit Terminbündelung und Arbeiten exakt gemäß Bescheid sparst du die Zusatzfahrt und die überflüssige Extra‑Reinigung – das macht oft mehrere Dutzend Euro pro Jahr.
Zwei Parteien im Doppelhaus: Beide Haushälften lassen dieselbe Firma kommen, aber an verschiedenen Tagen. Durch gemeinsame Terminabstimmung entfallen doppelte Anfahrtskosten; zusätzlich verhandelt ihr einen Paketpreis für die identischen Messungen – Ersparnis: spürbar jedes Jahr.
Altbau mit neuer Nutzung: Nach Einzug wird der alte Kamin nur noch selten genutzt. Statt Mehrfachkehrungen wie früher reicht das Intervall laut Bescheid. Zusatzkehrungen sind nicht nötig, solange keine Auffälligkeiten auftreten – die Rechnung schrumpft auf das Pflichtmaß.
Häufige Missverständnisse – schnell geklärt
„Alles vom Schornsteinfeger ist Pflicht.“ – Falsch. Pflicht sind nur die hoheitlichen Aufgaben und die im Feuerstättenbescheid festgelegten Arbeiten. Darüber hinaus entscheidest du.
„Ich darf den Betrieb nicht wechseln.“ – Für hoheitliche Aufgaben bleibt der Bezirksschornsteinfeger zuständig. Für die Durchführung der im Bescheid genannten Kehr/Messarbeiten kannst du jeden zugelassenen Betrieb beauftragen.
„Zusatzleistungen erhöhen die Sicherheit immer.“ – Sicherheit ist wichtig, aber ohne konkreten Anlass sind Extra‑Checks oft nicht erforderlich. Verlange eine nachvollziehbare Begründung und entscheide informiert.
Fazit: Mit Plan prüfen, sauber beauftragen – und nur Notwendiges zahlen
Wer seine Unterlagen sortiert, den Feuerstättenbescheid versteht und Termine clever bündelt, zahlt in NRW nur das, was wirklich ansteht. So bleibt die Sicherheit der Anlagen gewährleistet – und dein Budget geschont. Halte Rückfragen sachlich und schriftlich, fordere prüffähige Nachweise an und nutze den Wettbewerb bei freien Leistungen. Das Ergebnis: klare Rechnungen, weniger Ärger, messbare Ersparnis.
