Wohnen & NebenkostenHeizen & LüftenWärmepumpe im Altbau: Stromkosten real kalkulieren

Wärmepumpe im Altbau: Stromkosten real kalkulieren

So findest du realistische Zahlen für deinen Haushalt – ohne Schönrechnen und ohne Panik.

Eine Wärmepumpe kann auch im Altbau funktionieren – aber nur, wenn die Stromkosten real kalkuliert werden. Wer nur mit Prospektwerten rechnet, erlebt oft Überraschungen auf der Abrechnung. In diesem Leitfaden zeige ich, wie du mit wenigen Hausdaten, echten Verbrauchswerten und klaren Annahmen belastbare Kosten pro Jahr ermittelst. Du lernst, welche Rolle die Jahresarbeitszahl (JAZ) wirklich spielt, warum die benötigte Vorlauftemperatur wichtiger ist als die Quadratmeterzahl und wie Dämmung, Heizkörper und Hydraulik den Strombedarf drücken. Außerdem: Tariftipps, PV-Eigenverbrauch und Stellschrauben, die sofort sparen.

Was bedeutet „real kalkulieren“ bei der Wärmepumpe?

Real kalkulieren heißt: Du rechnest nicht mit Laborwerten, sondern mit deinem Gebäudezustand, deinem Klima und deinem realen Nutzungsverhalten. Drei Größen bestimmen die Stromkosten besonders stark: die Heizlast des Hauses (wie viel Wärme du bei Kälte brauchst), die Jahresarbeitszahl JAZ (wie effizient die Wärmepumpe im Mittel arbeitet) und die geforderte Vorlauftemperatur (die bestimmt maßgeblich die JAZ). Erst wenn diese drei zusammenpassen, stimmen am Ende die Euro-Werte.

JAZ, Heizlast, Vorlauftemperatur – die drei Hebel

Die JAZ ist der Quotient aus gelieferter Wärme und eingesetztem Strom über ein Jahr. Eine JAZ von 3,0 bedeutet: Aus 1 kWh Strom werden 3 kWh Wärme. Die Heizlast beschreibt die maximale Wärmeleistung, die das Gebäude an einem sehr kalten Tag benötigt (z. B. −10 °C). Sie hängt von Dämmung, Fenstern, Luftdichtheit und Lüftungsverhalten ab. Die Vorlauftemperatur ergibt sich aus Heizflächen (Heizkörper/FBH) und gewünschter Raumtemperatur. Gilt: Je niedriger die Vorlauftemperatur, desto höher die JAZ – und desto günstiger die Stromrechnung.

Datenbasis für den Altbau erfassen

Beginne mit dem, was du sicher weißt: bisheriger Gas- oder Ölverbrauch (kWh/Jahr), beheizte Wohnfläche, Baujahr/Standard (unsaniert, teil- oder gut saniert), Art und Größe der Heizflächen, typische Vorlauftemperaturen im Winter und Wunschtemperatur in den Räumen. Wenn kein Brennstoffverbrauch vorliegt (z. B. Nachtspeicher), helfen Wärmemengenzähler oder Abgleich über die Stromrechnung.

Verbrauch, Fläche, Heizkörper, Dämmstandard

Alte Gasrechnungen geben eine solide Startbasis. Aus 18.000 kWh Gas/Jahr werden – bei 85–90 % Kesselwirkungsgrad – etwa 15.300–16.200 kWh tatsächlich als Wärme im Haus genutzt. Wer teilsaniert (Dachdämmung, Fenster getauscht) liegt oft niedriger, unsanierte Altbauten höher. Prüfe auch die Heizflächen: Große Heizkörper (Typ 22/33) oder Flächenheizung erlauben geringere Vorlauftemperaturen, was die JAZ hebt. Notiere dir eine realistische Vorlauftemperatur bei −5 °C bis −10 °C. Das wird später für die Abschätzung wichtig.

Stromkosten-Formel und Beispielrechnungen

Die Kernformel ist einfach:

Stromkosten/Jahr = (Wärmebedarf/Jahr ÷ JAZ) × Strompreis

Wärmebedarf kannst du aus dem bisherigen Brennstoffverbrauch ableiten oder aus einer Heizlastabschätzung auf das Jahr hochrechnen. Die JAZ hängt von Vorlauftemperatur, Gerät, Aufstellung (Luft/Wasser vs. Sole/Wasser) und Hydraulik ab. Für Altbauten mit Heizkörpern sind realistische JAZ-Spannen 2,5–3,5 (Luft/Wasser) und 3,5–4,5 (Sole/Wasser) – je nach Temperaturniveau.

Beispiel 1 – unsaniert, Luft/Wasser: 20.000 kWh Wärme/Jahr, JAZ 2,7, Strompreis 30 ct/kWh → Stromverbrauch ≈ 7.407 kWh → 2.222 € pro Jahr.

Beispiel 2 – teilsaniert, Luft/Wasser: 16.000 kWh Wärme/Jahr, JAZ 3,2, Strompreis 30 ct/kWh → Stromverbrauch ≈ 5.000 kWh → 1.500 € pro Jahr.

Beispiel 3 – gut saniert, Sole/Wasser: 12.000 kWh Wärme/Jahr, JAZ 4,0, Strompreis 30 ct/kWh → Stromverbrauch 3.000 kWh → 900 € pro Jahr.

Die Spannweite zeigt: JAZ und Wärmebedarf treiben die Kosten – nicht die Quadratmeter allein.

Gebäudestand Heiztechnik angen. JAZ Wärmebedarf/Jahr Stromverbrauch/Jahr Stromkosten (30 ct/kWh)
Unsaniert Altbau Luft/Wasser 2,7 20.000 kWh 7.407 kWh 2.222 €
Teilsaniert Luft/Wasser 3,2 16.000 kWh 5.000 kWh 1.500 €
Gut saniert Sole/Wasser 4,0 12.000 kWh 3.000 kWh 900 €

Hinweis: Werte sind Modellrechnungen für die Kalkulation und ersetzen keine individuelle Auslegung.

Kosten-Treiber im Altbau senken – ohne Komplettsanierung

Auch im Bestand kannst du mit wenigen, zielgenauen Maßnahmen die JAZ heben und den Wärmebedarf spürbar senken. Das lohnt sich doppelt: weniger Stromverbrauch und kleinere, günstigere Wärmepumpe.

Die größten Kostentreiber auf einen Blick

  • Hohe Vorlauftemperaturen (über 55 °C an kalten Tagen) drücken die JAZ. Ursache sind oft zu kleine Heizkörper oder fehlender hydraulischer Abgleich.
  • Ungedämmte Hüllflächen (Dach, Rollladenkästen, Kellerdecke) erhöhen den Wärmebedarf und die benötigte Leistung.
  • Unruhige Hydraulik (Thermostate drosseln stark, Kreise unausgeglichen) lässt die Wärmepumpe takten – Effizienzverlust und Verschleiß.

Direktmaßnahmen: Größere Heizkörper in kritischen Räumen, Ventile voreinstellen lassen, Kellerdecke dämmen, Türspalt-Trocknen beim Geschirrspüler und Absenkung der Raumtemperatur um 0,5–1,0 K (spart bereits ca. 6 % Wärmebedarf pro 1 K).

Quick Wins vor Inbetriebnahme

Plane einen hydraulischen Abgleich (Verteillogik, Voreinstellungen) ein. Prüfe die Heizkurve: Starte eher flach (z. B. Neigung 0,2–0,3 bei Heizkörpern) und erhöhe in 0,05‑Schritten, bis es auch an kalten Tagen reicht. Senke die Nachtabsenkung moderat oder schalte sie ganz ab, wenn es zu Auskühlung und morgens zu hohen Vorlauftemperaturen kommt. Stelle die Hysterese so ein, dass die Wärmepumpe längere, ruhigere Laufzeiten hat.

Wärmepumpen-Tarif, PV und Speicher: so rechnet es sich besser

Der Strompreis ist die dritte Stellschraube. Viele Netzgebiete bieten Wärmepumpen-Sondertarife oder günstigere Netzentgelte bei steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Gleichzeitig kann PV-Eigenverbrauch den Netzbezug deutlich drücken – besonders tagsüber in der Übergangszeit.

Wärmepumpen-Sondertarif clever nutzen

Sondertarife verlangen häufig einen separaten Zähler. Rechne durch: Liegt der Arbeitspreis z. B. 5 ct/kWh unter dem Haushaltsstrom, sparst du bei 5.000 kWh WP‑Verbrauch rund 250 € pro Jahr. Achte auf Grundgebühr und mögliche Sperrzeiten – bei ausreichend Puffervolumen sind diese meist unkritisch.

PV-Eigenverbrauch sinnvoll koppeln

Mit 7–10 kWp PV kannst du in der Übergangszeit tagsüber viel Heizenergie decken. Die Regel lautet: Vorlauftemperatur so niedrig wie möglich – so hoch wie nötig und bei Sonne leicht anheben, um Pufferspeicher oder Gebäudemasse mitzunehmen. Ein kleiner Speicher (z. B. 300–500 l) kann Lastspitzen glätten; große Speicher lohnen im Altbau meist nur bei zusätzlicher Warmwasser-Kopplung.

Hydraulischer Abgleich & Heizkurve: Dauerhafte Sparhebel

Der Abgleich sorgt dafür, dass jede Heizfläche genau die richtige Wassermenge erhält. Ergebnis: geringere Vorlauftemperaturen bei gleicher Behaglichkeit – und damit bessere JAZ. Die Heizkurve legt fest, welche Vorlauftemperatur zu welcher Außentemperatur gefahren wird. Beides zusammen bestimmt die Effizienz im Alltag.

Heizkurve pragmatisch einstellen

Starte mit einer flachen Kurve und beobachte jeweils mehrere Tage. Wird es bei −2 °C nicht warm genug, erhöhe die Neigung minimal. Sind nur einzelne Räume zu kühl, ist nicht die Kurve schuld, sondern die Heizfläche oder der Volumenstrom – hier hilft größerer Heizkörper oder ein Nachjustieren am Ventil. Ziel ist die niedrigstmögliche Vorlauftemperatur, die überall ausreichend Wärme liefert.

Schritt-für-Schritt zur eigenen Kalkulation

Du brauchst weder teure Software noch komplette Energieberatung, um eine belastbare Kostenschätzung zu erhalten. So gehst du vor und vermeidest die typischen Fallen.

Die kurze Checkliste für verlässliche Zahlen

  • Wärmebedarf ableiten: Brennstoffverbrauch × Wirkungsgrad (z. B. 0,85–0,90) = jährlicher Wärmebedarf in kWh.
  • JAZ realistisch ansetzen: Heizkörper + Vorlauf 50–55 °C → JAZ 2,7–3,2 (L/W); gute Flächenheizung/Vorlauf ≤45 °C → JAZ 3,5–4,0.
  • Strompreis wählen: WP‑Tarif vs. Haushaltstarif berücksichtigen, Grundgebühr einrechnen.

Rechne dann mit der Formel oben und prüfe die Sensitivität: Was passiert bei ±0,3 JAZ oder ±3 ct/kWh Strompreis? So hast du eine Bandbreite statt nur eines Punktwerts.

FAQ kompakt

Funktioniert eine Wärmepumpe mit klassischen Heizkörpern? Ja, wenn genügend Fläche vorhanden ist und die Vorlauftemperatur auf realistische 50–55 °C an kalten Tagen begrenzt werden kann. Häufig reichen größere Heizkörper in wenigen, kritischen Räumen plus Abgleich.

Brauche ich zwingend eine Fußbodenheizung? Nein. Eine FBH erleichtert niedrige Vorläufe, ist aber keine Pflicht. Wichtiger ist die Gesamtleistung der Heizflächen und die Regelung.

Wie real ist die JAZ-Angabe des Herstellers? Herstellerangaben sind Prüfpunktwerte. Deine JAZ hängt von Gebäude, Klima, Hydraulik und Einstellungen ab. Plane konservativ und optimiere nach Inbetriebnahme.

Lohnt sich ein Pufferspeicher? Ein kleiner Speicher kann Taktung reduzieren und PV‑Überschuss aufnehmen. Zu große Speicher erhöhen Verluste – wähle maßvoll.

Fazit: Mit guter Vorbereitung zur ehrlichen Stromrechnung

Wer Altbau, Heizflächen und Tarif sauber betrachtet, kann die Stromkosten einer Wärmepumpe sehr realistisch abschätzen. Entscheidend sind niedrige Vorlauftemperaturen, eine solide JAZ und ein fairer Strompreis – dann passt die Rechnung auch im Bestand. Plane den hydraulischen Abgleich, justiere die Heizkurve und prüfe einen Wärmepumpen‑Tarif sowie PV‑Kopplung. So wird aus Theorie echte Ersparnis – und die Wärmepumpe zur verlässlichen Lösung für Wohnen & Nebenkosten.

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